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1980
- 2005 |
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2004 - Stephan und ProPain
Das Jahr 2004 beginnt für die Onkelzfans mit einer
ungewöhnlichen Neuigkeit. Bereits zum Ende des Jahres 2003 gab
es eine Anfrage der Hardcore Band ProPain an Stephan Weidner, ob
er daran interessiert sei, für das neue Album der New Yorker
einige Arbeiten beizusteuern. Die Zusammenarbeit zwischen den
Böhsen Onkelz und ProPain geht bekanntlich bis ins Jahr 1998
zurück, als die 4 sympathischen Musiker um Frontmann Gary Meskil,
die Onkelz auf ihrer Viva los Tioz Tour durch 26 Konzertarenen
begleiteten und gerade im Sommer 2003 hatte man ProPain zusammen
mit der ebenfalls aus New York stammenden Hardcore Legende
Biohazard zum Open Air nach Ferropolis und auf die Loreley
geladen. Zusätzlich hatten sich ProPain bereits als Onkelzfans
geoutet, als sie auf der Loreley 2003 zum ersten mal ihre
„deutsch-amerikanische“ Version von „Terpentin“ live darboten
und dafür von den Onkelzfans gefeiert wurden. Da war es
selbstverständlich Ehrensache, dass Stephan sich die Bänder aus
New York kommen ließ und für den Song „Godspeed“ nicht nur den
Chorus schrieb, sondern ihn auch selber einsang.
In einem Statement der Band ProPain heißt es: „Wir sind alle
sehr erfreut und stolz darauf, verkünden zu können, dass Stephan
einige Killer-Vocals zum Song `Godspeed´ beigesteuert hat, der
auf unserem am 01.03.04 erscheinenden Album „Fistful of Hate“ zu
finden sein wird. Wir wollen Stephan, den Onkelz und allen vom
B.O. Management danken, dass sie dies möglich gemacht haben und
hoffen, dass allen Fans diese spezielle Zusammenarbeit gefällt.“
Gary Meskil, ProPain
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Die Single 2004: "Onkelz vs. Jesus"
Gegen Ende April geben die Onkelz den Titel ihrer neuen Single bekannt.
„Onkelz vs. Jesus“ heißt die Veröffentlichung und reiht sich somit ein
in die Lange Reihe größenwahnsinniger Provokationen, die alle in bester
Onkelz-Tradition die eigene Legende hochleben lassen. Es geht in dem
Song nicht etwa darum, am Image des Erlösers zu kratzen, sondern
vielmehr darum, das eigene Image nicht ganz so ernst zu nehmen, wie es
sicherlich der Großteil der deutschen Öffentlichkeit tut. Die
Choruszeile unterstreicht diese Aussage noch, in der es heißt: „schock-non-stop
bis jeder versteh´n muss, wir sind die Onkelz und bekannter als Jesus.“
Weiterhin geht es in „Onkelz vs. Jesus“ um 24 Jahre eigene kontroverse,
meist planlose und nicht vorhersagbare Historie, die nun irgendwie und
irgendwo an einem Höhepunkt angekommen zu sein scheint. Die Onkelz
blicken zurück und tun dies in dem Kontext von „24 Jahre Onkelz“ gegen
„2004 Jahre Jesus“.
Zusätzlich zum Titelsong enthält die Single jedoch noch die Anklage
„Superstar“. Ein Song, in dem die Onkelz endlich ein Thema verarbeiten,
das ihnen schon lange auf den Nägeln brennt. Die Verdummung der
deutschen Musikindustrie, die Verarmung der musikalischen Vielflalt,
hervorgerufen und voran getrieben durch elendige und langweilige
Castingshows, in denen Manager wie Thomas M. Stein oder Dieter Bohlen,
der von den Frankfurtern als die Wurzel allen Übels ausgemacht wurde,
sich nicht zu schade sind, sich auf peinlichste Art und Weise in Szene
zu setzen. Vielleicht ist es nicht der Untergang der deutschen Musik,
aber sie ist durch diese Fernsehformate dem Abgrund auf alle Fälle ein
ganzes Stück näher gekommen.
„Prinz Valium“, eine treibende Instrumentalnummer, rundet das
Onkelzrepertoire auf dieser Single ab, das schließlich in der
Coverversion des alten Who-Klassikers „My Generation“ seinen Höhepunkt
findet. Nur wenige Interpreten haben sich im Laufe der letzten dreißig
Jahre an diese „heilige Kuh“ heran gewagt. Zeit also, dass die Onkelz
hingehen und das Vieh endlich schlachten. Ohne Zurückhaltung und ohne
Respekt wird „My Generation“ von den Onkelz interpretiert und getreu dem
eigenen Motto – Wir sind die Geilsten – heißt es konsequenterweise im
Hause Onkelz nur noch: „besser als das Original!“
Für das Artwork der Single und des kommenden Albums, kann Stephan
Weidner seinen langjährigen Freund, den kubanischen Künstler Pozo
verpflichten. Stephan, der viele Bilder von Pozo in seinem Privatbesitz
hat und den Künstler oft bei sich zu Hause begrüßt, erkennt sofort das
Potential in Pozos Arbeit und schlägt vor, zu „Onkelz vs. Jesus“ ein
Video zu drehen, was man später als DVD mit auf das Album legen kann.
Pozo, der sein Atelier gerade von Barcelona nach Berlin verlegt hat, und
dessen Arbeiten bereits weltweit ausgestellt werden, beginnt seine
Zusammenarbeit mit der renomierten Berliner Graphik Agentur „die
Gestalten“ und fortan hört man nur gute Neuigkeiten aus Berlin. Das
Artwork sei fantastisch, und man müsse unbedingt alles verwenden, was
Pozo ablieferte. Pozo nimmt sich nun auch alle anderen Onkelzsonge vor
und bringt dazu seine Visionen auf die Leinwand.
Die Single erscheint am Montag den 21. Juni und schießt eine Woche
später von null auf zwei in die Media Control Charts. Die Presse hält
sich bedeckt und ignoriert den Song weitgehend. MTV und Viva machen ihre
üblichen Ansagen während ihrer Chartshows und die noch seichteren
Formate wie Top of the Pops, Bravo, Yam und dergleichen werden vom B.O.
Management freundlich aber bestimmt abgewiesen.
Das Ende der Onkelz
Fuer alle Onkelzfans ueberraschend verkuenden die Onkelz am 24.Mai 2004
auf ihrer Homepage ihr Ende. Dabei faengt das neue Jahr so gut an. Das
Management vermeldet sensationellen Kartenabsatz fuer die im Herbst
geplante Deutschlandtournee und muss schon am siebten Januar die
Konzerte fuer Berlin und das Abschlusskonzert in der Colourline Arena
Hamburg, geplant fuer den 5. Oktober, als ausverkauft melden. Kurze Zeit
spaeter gibt es auch fuer die Konzerte in der Frankfurter Festhalle und
der Dortmunder Westfalenhalle keine Karten mehr und auch fuer den
Gastauftritt waehrend des fuer August geplanten Open Air Festivals in
Wacken werden die Tickets noch im Winter knapp. Dennoch scheinen die
Onkelz mit ihrem kommerziellen Hoehepunkt an einem ideellen Endpunkt
angekommen zu sein. Man will die Onkelzaera auf dem Hoehepunkt beenden,
ohne zu einer Karikatur seiner selbst zu werden und veroeffentlicht
hierzu ein Videostatement auf der eigenen Homepage. Das folgende
Sudioalbum sei definitiv das letzte Studioalbum der Onkelz und die
kommende Tour sei definitiv die letzte Tour heisst es in diesem
Statement. Die Fans reagieren enttaeuscht und koennen nicht glauben, was
sie hoeren. Sie spekulieren in den Foren der Band ueber den Split und
wilde Geruechte machen die Runde, aber die Band ist wie immer fest
entschlossen. Die Presse nimmt sich des Themas an und berichtet in
gewohnter Polemik. Tatsaechlich sind die Gruende fuer die Aufloesung der
angeblich kontroversesten deutschen Rockband jedoch viel alltaeglicher
und nachvollziehbarer, als die Fans vermuten. Jeder Onkelzsong sei
gesungen, sagt sie und jedes Bier sei getrunken. Es sei alles erreicht.
Das Onkelzding sei ausgereitzt und mehr sei aus der Sache nicht mehr
rauszuholen. Man ist sich einig innerhalb der Band, dass dieses
Lebenswerk zu wertvoll sei, als dass man es in eine langweilige
Mittelmaessigkeit abrutschen lassen moechte und bevor die Onkelz im
Lager ihrer eigenen Fans an Glaubwuerdigkeit verlieren, beschliessen sie
im gegenseitigen Einvernehmen das Ende der Boehsen Onkelz zu verkuenden.
Die Enttaeuschung der Fans kennt keine Grenzen und wird auf den
Fanseiten im Internet hitzig diskutiert, so wie in unzaeahligen Briefen
und E-mails an die Band in Worte gefasst. Fuer die Onkelz jedoch gibt es
kein Zurueck mehr. Sie sind der Meinung, dass gerade eine Band, die sich
so oft auf ihre eigene Konsequenz berufen und so oft ihren Widerstand
gegen Vereinnahmung oder Kommerz artikuliert hat, nicht den Zeitpunkt
verpassen darf, an dem es genug ist. Sie sind weiterhin der Meinung,
dass nur ein Ende der Boehsen Onkelz zu diesem unerwarteten Zeitpunkt
ihre eigene Glaubwuerdigkeit zementiert und den Hoehepunkt der Karriere
darstellen kann. Das Unkommerziellste, was man zu einem solchen
Zeitpunkt tun kann, ist aufzuhoeren, heisst es im Bandlager und
tatsaechlich kommt der Split zu einer Zeit, in der die Plattenverkaeufe
trotz schlechter Wirtschaftslage der Musikbranche neue Hoehepunkte
erreichen. Die Boehsen Onkelz sind in Deutschland zu einem einzigartigen
Phaenomen heran gewachsen. Sie sind die kommerziellste Underground Band,
die es je gegeben hat, der kontroverseste Mikrokosmos im Musikbusiness,
der unabhaengige und autarke, allen Marktgesetzen zum Trotz blendend
funktionierende Mainstream, eine Mutation im musikalischen Einheitsbrei
und eine eigene Schublade im Verwaltungsapperat der Phono Akademie.
Keine Band hat es jemals geschafft, die Hoerer- oder auch
Nichthoererschaft so zu polarisieren, wie es die Onkelz getan haben.
Keine Band ist in Deutschland jemals so heftig geliebt und so heftig
abgelehnt worden. Waehrend die beiden groessten deutschen Rockmagazine,
das Rock Hard und der Metal Hammer Titelgeschichten und Sondermeldungen
zum Thema herausbringen und mehrfach in Frankfurt zum Interviewtermin
auftauchen, bringen die unwichtigeren Magazine, die nicht mehr von ihrer
voreingenommenen Haltung abweichen koennen, kleine polemische
Hassmeldungen. So schreibt zum Beispiel Josef Winkler vom Musikexpress:
... Aber heissa! Da kommt die Meldung rein, dass sich die Boehsen Onkelz
aufgeloest haben. Wer eine Abfuehrhilfe braucht, gehe einmal und dann
nie wieder auf www.onkelz.de und lese das unfassbar schwuelstige
Statement-Geseiere der Bandmitglieder...
Genauso soll man die Onkelz in Erinnerung behalten, fordert die Band,
gehasst, verdammt, vergoettert?. Und so machen die Onkelz Schluss, weil
sie Schluss machen muessen. Zuvor jedoch, und das sieht die Band als
Versprechen an ihre Fans und als Pflicht gegenueber ihren Kritikern an,
wird es ein letztes Studioalbum geben, dass die Charts erstuermen wird
und eine zu 100% ausverkaufte Hallentournee unter Ausschluss der Presse.
Das Album 2004: "Adios"
Passend zu ihrem Abschied nennen die Onkelz ihr letzes Studioalbum „Adios“.
Für die Öffentlichkeit platzt die Bombe erst am 24.05.2004, als die Band
den Titel ihres 16. Studioalbums auf ihrer News-Seite bekannt gibt und
auch gleich die nötige Erklärung liefert. Bandintern steht der
Entschluss jedoch schon länger fest. Spätestens seit dem Frühjahr, als
man sich darauf einigt dieses kommende Album das Letzte sein zu lassen
und im Herbst die letzte Tour zu spielen, weiß man, dass die Tage der
Böhsen Onkelz gezählt sind. „Die Onkelz haben ein Haltbarkeitsdatum...“
antwortet die Band oft auf die Frage nach dem „WARUM“ und fügt hinzu:
„... wenn dieses Haltbarkeitsdatum überschritten wird, dann machen wir
uns selbst lächerlich und ziehen alles mit in den Schmutz, was wir
aufgebaut und wofür wir so lange gekämpft haben.“ Die Fans wollen davon
nichts hören, werden in dieser Angelegenheit aber auch nicht gefragt.
Mit 15 Songs melden sich die Onkelz ein letztes mal zu Wort und sowohl
textlich, als auch musikalisch sind die Onkelz auf dem Zenit ihrer
Karriere angekommen. Die Band bezeichnet „Adios“ als einen „krönenden
Abschluss“ ihrer Karriere, einen letzten Tritt in die Ärsche ihrer
Kritiker und einen letzten, rockigen Gruss an ihre Fans. Die Texte sind
wie immer streng autobiographisch und von einer Reife, wie sie zuvor nur
auf dem „weißen“ und „schwarzen“ Album zu hören war. In Irland
geschrieben und in Frankfurt aufgenommen, handeln sie von Wut,
Verzweiflung, Sucht und Frustration, was jedem Journalisten, der sich
nur oberflächlich damit beschäftigt, ein müdes „schon wieder“ entlockt,
die Fans aber reihenweise zum tanzen bringt. Keine Band in Deutschland
schafft es, ihre Texte so griffig und treffend zu formulieren und sie
dabei noch so hart, druckvoll und glaubwürdig vorzutragen. Als das Album
am 26. Juli erscheint, steht es eine Woche später, als Neueinsteiger auf
der 1 der Media Control Charts Top 100 Longplay und hält sich dort 3
Wochen lang. Das Album erreicht schließlich Platin-Status und erhält
Höchstnoten in den einschlägigen Fachmagazinen.
Wie auch schon auf der Single, zeichnet der kubanische Künstler Pozo für
das Artwork verantwortlich. Zusammen mit den
Onkelz-Haus-und-Hof-Graphikern der „Gestalten“ Agentur in Berlin
entwirft er die Welt, in der er die Songs von „Adios“ sieht.
Abbröckelnder, zerfallender, kubanisch inspirierter Charme mit einer
zerkratzten, rauhen Patina, schwarze Palmen und flüchtige Momente,
Impressionen von Hotels, von Kommen und Gehen. Nicht nur verfügt das
Album über einen mittlerweile bei Onkelzproduktionen zum Standard
gewordenen, sensationellen 5:1 Sound, sondern auch das „Onkelz vs.
Jesus“ Video ist als DVD beigefügt und jeder einzelne Track hat eine auf
DVD abrufbare von Pozo umgesetzte, graphische Untermalung erhalten, die
gerade für PC-User eine willkommene Abwechslung zum herkömmlichen
Booklet darstellt.
Ebenso wie beim Thema der Bandauflösung ist die Presse auch bei
der Bewertung des Albums in zwei Lager gespalten. „Die tumbe Promille
Punkband meldet sich mit einem erneut ideen-, witz- und geschmacklos
zusammendiletierten Longplayer zurück...“ beginnt eine Leserbewertung
bei amazon.de, wo die „Adios“ drei Wochen lang als erfolgreichstes
Produkt gelistet ist, und mehr verkauft, als sämtliche CDs, DVD´s und
Bücher zusammen.
„Die Onkelz werden eine Lücke hinterlassen, die wohl nie geschlossen
werden kann. Nie zuvor hat es eine Band gegeben, die die deutsche
Musikszene und den Handel in einer solchen Form durcheinander gebracht,
die so viele unterschiedliche Meinungen provoziert hat und so von ihren
Fans verehrt wurde. Was bleibt, sind unendliche Hymnen über das Leben!
Respekt und Danke dafür! Hut ab, vor dieser konsequenten Entscheidung!“
schreibt Sebastian Lipski im AMM Magazin nach einem langen Interview mit
Stephan Weidner, während die Berliner Zeitung in ihrem Feuilleton mit
„Eklige Onkelz“ titelt. „Die Böhsen Onkelz sind nicht nur die ekligste,
sondern auch die erfolgreichste deutsche Rockband...“ weiß man in der
Hauptstadt, wo traditionell von taz und Berliner Zeitung gegen die
Onkelz Front gemacht wird. In Frankfurt interessiert sich schon längst
niemand mehr für die Presse und man hat sich inzwischen daran gewöhnt,
dass sich die Alben und die Konzerttickets von alleine verkaufen. Im
Gegenteil, man bemustert die Redaktionen nur sehr spärlich mit dem neuen
Album und lehnt 90% der Akkreditierungen für die anstehende Tour ab.
Wacken Open Air 2004
Im August headlinen die Onkelz das 15te Wacken Open Air Festival.
Natürlich nicht ohne große Aufregung in der Presse und bei den
Wackenfans. Das verschlafene Örtchen Wacken in Schleswig Holstein ist
alljährlich Pilgerstätte tausender Metalfans, die in Schwärmen und
Scharen über den kleinen Ort herfallen und auf einer Kuhwiese über drei
Tage lang ihre Metal-Götter abfeiern. 150 Meter lange Schlangen vor den
Supermärkten und Bankautomaten, Wolldecken und Schlafsäcke in den
Vorgärten, Schnapsleichen auf den Wiesen – Ausnahmezustand. 1990 beim
ersten Wacken Open Air waren es noch 800 Zuschauer, während zum Festival
im Jahre 2003 schon 30.000 Leute kamen. Diese Entwicklung war jedoch
nicht immer so erfolgreich. In den Jahren ´93 bis ´95 gab es auch
Durststrecken und der erste Onkelzauftritt in Wacken 1996 war mit dafür
verantwortlich, dass das Festival erst richtig auf die Beine kam.
Eigentlich waren die Onkelz 1996 schon zu groß für Wacken, aber nachdem
sich ein freundschaftliches Verhältnis zwischen den Veranstaltern Sheree
Hesse, Thomas Jensen, Holger Hübner und dem Onkelz Tourmanager Thomas
Hess entwickelt hatte, dachte man ernsthaft über einen Auftritt der
Böhsen Onkelz nach. Der Erfolg gab ihnen Recht. Das Festival verlief
friedlich und ohne Probleme. Thomas Jensen sagt heute: „Das ganze Gerede
war für uns Bullshit, denn ich würde nie für eine rechtsradikale Band
arbeiten, da meine Frau ja auch eine dunkle Hautfarbe hat...
Mittlerweile sind Onkelzkonzerte die friedlichsten Veranstaltungen, die
ich überhaupt je gesehen habe.“
So ist es auch keine Überraschung, als die
Onkelz für das Jubiläumsfestival 2004 als Headliner eingeladen werden
und prompt zusagen. Die Presse spielt wie immer verrückt und manche
Artikel lesen sich wie die Ankündigung des jüngsten Tages, wie die
Vorwarnung vor der finalen Metal Katastrophe. Dass das Motto im Jahre
2004 „Metalheads aginst racism“ heißt, fällt den wenigsten Journalisten
auf und scheint auch nicht erwähnenswert. „Mit der friedlichen Stimmung
wird es vorbei sein...“ weiß man zum Beispiel in der Redaktion der
Lübecker Nachrichten noch vor dem Konzert. „Invasion der Kurzhaarigen“
schreibt ein anderes Blatt, oder „... das Konzert (gemeint ist der
Onkelzgig) wirkt wie ein Fremdkörper bei diesem Festival...“ Ein paar
junge Wackenfans, noch zusätzlich angeheizt durch die debile
Berichterstattung, gehen auf die Barrikaden und fürchten um die gute
Stimmung. Veranstalter Holger Hübner sagt vor dem Konzert im
Stalker-Magazin: „Also, wie ich das jetzt sehe, gibt es da keine
Probleme. Ich sehe einfach ein paar Metalheinis (Wackenfans), die in
Wacken vielleicht versuchen, ein bisschen Stress zu machen. Bei den
Onkelzfans sehe ich keine Probleme. Bekannt ist, dass 1996 die Onkelz
zum Durchbruch von Wacken beigetragen haben. Wir haben jetzt Jubiläum,
wir haben sie eingeladen, sie haben zugesagt, Ende, aus. Wer keinen Bock
auf die Onkelz hat, der kommt Donnerstags eben erst abends.“ 35.000
Leute stehen schließlich am Donnerstag Nachmittag vor der Metal Stage
und lassen Zodiac Mindwarp und Motörhead über sich ergehen, um die
Onkelz sehen zu können. Blauer Himmel, Sonnenuntergang und absolute
Hochstimmung. Das Publikum könnte gemischter nicht sein und es wird
getanzt, gefeiert und gesungen. Die negative Berichterstattung hätte man
sich demnach wie immer in den letzten 15 Jahren sparen können, aber
scheinbar herrscht großer Bedarf an Skandalen innerhalb der Redaktionen
und ein Auftritt der Böhsen Onkelz ist dafür stets gut geeignet. Anders
ist der geistige Totalausfall von Oliver Rohlf in der Berliner Zeitung
nicht zu erklären. „Einmal gerösteter Schweinskopf bitte“ betitelt Rohlf
seinen Wackenbericht und leitet ein: „... vergangenes Wochenende hätte
es in Wacken richtig ungemütlich werden können...“ Mit nichts als diesem
Konjunktiv spärlich bewaffnet, zieht er über die Band her und macht es
für alle Leser peinlich offensichtlich, nicht nur wie sehr er die Band
verabscheut, sondern auch, wie sehr ihm seine Objektivität während des
Festivals abhanden kam. „... Mag das schmierige Abschiedsalbum der
selbsternannten Rock-Rebellen `Adios´ , derzeit unangefochten auf Platz
1 der deutschen Albumcharts thronen, der Ausblick auf das Ende dieses
unangenehmsten aller Kapitel in der neueren deutschen Musikgeschichte
sorgte in Wacken für gute Laune...“ Auch wird es immer ein Rätsel
bleiben, was der Journalist Magnus Klaue in der Frankfurter Allgemeinen
vom 13.04. wohl gemeint hat, als er schreibt: „Mittlerweile sind die
Böhsen Onkelz wieder selbstverständlicher Bestandteil der Independent
Szene. Gerade die geringe öffentliche Resonanz ihrer Auftritte und Alben
sollte zu denken geben und legt die Vermutung nahe, dass es niemanden
schert, welches Gedankengut hier bedient wird.“ Von geringer
öffentlicher Resonanz zu sprechen, während 250.000 Tickets für die Tour
verkauft werden, die Single „Onkelz vs. Jesus“ auf Platz 2 und das Album
„Adios“ drei Wochen auf Platz 1 steht, geht wie so vieles während der
Berichterstattung über die Onkelz 2004 meilenweit an seriöser Recherche
vorbei. Same shit, different paper.
Die letzte Tour der Onkelz
Im Herbst 2004 fahren die Onkelz ihre zu 100% ausverkaufte
Abschiedstournee durch Deutschland. Gebucht sind 24 Hallen mit einer
Durschnittskapazität von 10.000 Leuten. Die großen Hallen, München,
Dortmund, Frankfurt, Stuttgart und Berlin sind bereits im Frühjahr
ausverkauft. Ebenso das Abschlusskonzert in der neuen Hamburger
Colourline Arena. Bis zum Sommer sind alle 250.000 Tickets vergriffen
und auf dem Schwarzmarkt werden Preise bis zu 200,--€ verlangt und
gezahlt. Die 28 Song starke Setlist umfasst das ganze Onkelzspektrum,
bietet eine Mischung von neuem und altem Material, wobei die Band wie
immer vor dem Problem steht, einige Songs nicht weglassen zu können,
trotzdem aber auch möglichst viele neue Songs spielen möchte.
Die Onkelzbühne während der Abschiedstournee geht weg vom Glamour der
letzten Tour und wieder hin zu dreckigerem Rock´n´Roll. Zwei große
Türme, links und rechts der Bühne erinnern an Ölbohrtürme und geben der
komplett in schwarz gehaltenen Bühne den Eindruck einer Ödlandschaft
nach einem Atomkrieg. Große Leinwände, links und rechts, die
mittlerweile zum Standard bei Onkelzkonzerten gehören, werden noch durch
Leinwände auf der Bühne unterstützt. Der Graben vor der Bühne wird neben
der Security von mindestens drei Kameramännern bevölkert, die die
Leinwände mit Livebildern der Musiker und der Fans beleben. Auch wird
auf dieser Tour der Einsatz von Pyrotechnik noch erhöht, den man auf der
letzten Tour zum ersten mal ausprobiert hatte. Der Abschied von den
Fans, das stellt sich sehr schnell heraus, wird schwieriger und
trauriger, als zunächst erwartet. Bis zur Tour, ist der Gedanke an das
Ende der Onkelz noch abstrakt und nicht greifbar, aber schon während des
ersten Gigs in Kreuth wird deutlich, dass die Emotionen in den nächsten
sechs Wochen überkochen werden. Und das gilt nicht nur für die Fans.
Auch innerhalb der Band kommt es zu Spannungen und mitunter bleibt der
Tourspaß auf der Strecke. Bis zum Ende der Tour hat sich die Traurigkeit
der Fans so hochgeschaukelt, dass der Abschiedssong am Ende des Sets
„Ihr hättet es wissen müssen“ grundsätzlich in Tränen endet. Stepans
letzte Worte machen es nicht besser und in Frankfurt, der Heimatstadt
der Onkelz, vor knapp 14.000 Zuschauern hat auch die Band Tränen in den
Augen. Die Fans machen es den Onkelz so schwer wie möglich. In den
ersten Reihen sieht man junge Mädchen und Jungs, gleich neben
Familienvätern und gestandenen Hooligans und keiner kann seine
Niedergeschlagenheit über das Ende der Onkelz zurückhalten. Diese
kollektive Trauer, bei gleichzeitigem Respekt vor der Band und in
Verbindung mit dem Wunsch sich für „25 Jahre Onkelz“ zu bedanken, lässt
die Fans in Dortmund, während der Schlußakkorde des vorletzten Konzertes
etwas tun, was in der Geschichte des internationalen Rock´n´ Rolls
möglicherweise einzigartig ist. Innerhalb von 10 Sekunden, ohne sich
vorher abzusprechen, ohne ein Signal oder einen besonderen Impuls, gehen
alle Fans im Innenraum der Dortmunder Westfalenhalle auf die Kniee. Ein
spektakuläres Bild, aus dem absoluter Respekt und die totale Dankbarkeit
sprechen und was die Band sicher nicht so schnell vergessen wird. Als
sich diese Szene während des letzten Songs, des letzten Konzertes in
Hamburg, zwei Tage später wiederholt, ist die Band vorbereitet und geht
ihrerseits vor ihren Fans auf die Knie. Besser und würdevoller kann man
25 Jahre puren Rock´n´Roll nicht beenden. Die Onkelz gehen auf dem Zenit
ihres Erfolges, etwas das sogar einige Kritiker der Band hoch anrechnen. |