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1980
- 2005 |
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Das Jahr 2003 wird im Februar mit
einer späten „Ehrung“ für DOPAMIN eingeläutet...
Zum zweiten Mal nach 2001 waren die Onkelz für den Echo in der
Kategorie „Beste Band Rock/Pop national“ nominiert – zusammen
mit Szene-Koryphäen wie „Wonderwall“, den „No Angels“ oder „Bro´Sis“,
dazu noch die Hosen. Natürlich war es weniger der Wertschätzung
durch die Musikindustrie zu verdanken, als den wieder einmal
sehr starken Verkaufszahlen der Onkelz, dass man in den Kreis
aufgenommen wurde. Dass die Onkelz letztendlich sowieso nicht
gewinnen würden, war jedem von vornherein klar... Da es von den
Onkelz wieder mal keinen Clip gab, brach bei der zuständigen
Produktionsfirma im Vorfeld der Sendung der Angstschweiss aus.
„Was sollen wir denn bei Ihnen machen, ich meine, Sie haben ja
keinen Clip...“ . Am Ende wurden dann vier Einzelportraits der
Onkelz aneinander gereiht, dazu „Keine Amnestie...“ drüber
gelegt und fertig. Nichts Außergewöhnliches und auch ansonsten
keine Seitenhiebe von Seiten der Laudatoren oder Moderatoren.
Immerhin... Aber wäre es anders gewesen hätte es – ganz ehrlich
– auch niemanden interessiert. Elegant totgeschwiegen...
Gewonnen haben dann übrigens die Hosen. Von den Onkelz war auf
jeden Fall niemand in der Halle.
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Mai 2003 |
Im Frühjahr 2003 entschließen sich die
Böhsen Onkelz dazu eine Clubtour in Deutschland zu spielen...
... Ursprünglich sollten auch Knäste auf dem Programm stehen. Die Band
hielt es für eine gute Idee, einmal Konzerte für die Insassen von
Strafvollzugsanstalten zu geben. Zunächst gab es einige Zusagen, die
dann aber leider komplett abgesagt wurden, da Gefängnisleitungen und
Stadträte Bedenken anmeldeten. Eine nette Sache, so sagte man den
Onkelz, aber man könne sich keine Ausschreitungen innerhalb der
Anstalten leisten. Enttäuscht wurden die Gigs gestrichen und weiter an
dem Plan festgehalten, eine Clubtour zu organisieren.
Gründe hierfür waren zum einen der Wunsch, einmal wieder in einem
kleinen Club zu spielen, den direkteren Kontakt zu den Fans zu spüren
und echtes, schwitzendes, enges Rock´n´Roll Feeling aufkommen zu lassen
und zum anderen, sollten diese Clubgigs auch eine Art Aufwärmtraining
für die kommenden Open Air Festivals werden. Die Clubtour im Juli 2003
durch Bremen (Aladin – 1800 Leute), Hannover (Capitol – 1800), Osnabrück
(Hyde Park – 1500), Berlin (Music Hall – 900), Nürnberg (Hirsch – 800)
und nach Pratteln in der Schweiz (Z 7 – 1700). Saunamäßige Temperaturen
und höllisches Gedränge sorgten für eine unvergleichliche Stimmung im
familären Rahmen, wobei die Fans aus Hannover und Pratteln (Basel) den
hochfliegenden Vogel der Euphorie abschossen. Selten wurden die Onkelz
von einer so kleinen Fangemeinde so heftig abgefeiert.
Vor das Open-Air-Vergnügen hat der liebe
Gott die Vorband-Akquise gesetzt....
Bei „normalen“ Bands eine Frage von wenigen Wochen, die
Nachwuchshoffnungen stehen Schlange, aber bei den Onkelz war das Ganze
leider wie in der Vergangenheit wieder eine „Unendliche Geschichte“.
Rund 20 Bands wurden vom BOM angefragt, immerhin mit der Aussicht auf 4
Konzerte mit zusammen rund 75.000 Zuschauern. Von einigen Gruppen kam
gar keine Antwort, andere sagten erst zu, um wenige Stunden später mit
dubiosen Begründungen wieder zurückzutreten. Man konnte hinter jeder
Absage förmlich den Druck spüren, der teilweise von Seiten des
Managements und des Umfelds auf die Musiker ausgeübt wurde. Man könnte
sich mit einer Zusage ja alles versauen. So zog sich die Suche von
Herbst 2002 bis in den Frühling 2003, bis dann schließlich drei Bands
feststanden, die anfangs überhaupt niemand auf der Rechnung hatte, die
aber sofort Feuer und Flamme waren, als wir ihnen anboten, bei den
Open-Airs dabei zu sein. Das spricht für sich und auch die Reaktion der
Fans auf den 4 Gigs zeigte, dass Pro-Pain, Sub7even und Biohazard
keinesfalls nur „Lückenbüßer“ waren.
Ebenfalls im Juli spielen die Onkelz erneut
in „Ferropolis“ und erstmalig auf dem berühmten Loreley-Felsen jeweils
eine Doppelshow...
„Ferropolis“ (die Stadt aus Eisen) ist der Name der abgefahrensten
Konzertlocation in Deutschland. Unweit von Dessau und eine gute Stunde
von Leipzig liegt das verschlafene Nest Gräfenhainichen. Dort befand
sich noch vor 15 Jahren ein gewaltiger Braunkohletagebau. Mit dem Fall
der DDR, fiel auch das lokale Braunkohlekombinat und übrig blieben nur
die gewaltigen Bagger, die nun in einem Kreis aufgestellt, eine
beeindruckende, postnukleare Mad-Max Konzert Venue bilden. Die Onkelz
rockten hier bereits 2001 mit Rose Tattoo und auch in diesem Jahr war
das Haus voll. 25.000 Fans am ersten und knapp 21.000 am zweiten Tag.
Diesmal waren Sub 7even aus Dortmund, Pro Pain aus Brooklyn und
Biohazard, ebenfalls aus Brooklyn mit dabei. Mit Sub 7even pflegt man ja
bereits seit dem Benefizgig für die Opfer rechter Gewalt 2001 in Bremen
und seit der Tour 2002 ein sehr lockeres freundschaftliches Verhältnis
und Pro Pain konnte man bereits für das Open Air in Dieztenbach 1996 und
die Viva los Tioz Tour 1998 verpflichten. Neu waren Biohazard, die
genauso wie Pro Pain den New Yorker Hardcore Stil pflegen und
dementsprechend losgeknüppelt haben. Auf alle Fälle bringen die Jungs
eine Energie auf die Bühne, wie man sie nur bei wenig Bands sehen kann.
Die Amis sind reise- und tourerfahren, hatten Auftritte bei „Rock in
Rio“ und haben die größten Festivals der Welt gespielt und waren sich
dennoch einer Meinung, so etwas wie die Onkelzfans haben sie noch nie
gesehen. Nirgendwo auf der Welt, bei keiner Band, mit der sie
zusammengespielt haben, gab es einen solchen besessenen und loyalen
Fansupport, wie bei den Onkelz.
Das wiederum hören die Onkelz gerne und gehen dementsprechend gut
gelaunt auf die Bühne. Beide Ferropolis Konzerte verlaufen friedlich und
ohne Zwischenfälle. Beschwerden über die „Abzockerei“ auf den Park- und
Zeltplätzen werden jedoch laut und man kann nur hoffen, dass die
Gemeinde Gräfenhainichen dieses Geld endlich in eine bessere
Zufahrtsstraße investiert.
Eine Woche später am 18./19. Juli absolvierten die Onkelz ihre
Loreley Premiere und es hätte kein passenderer Rahmen sein können. 35°C
und blauer Himmel, dazu hunderte Wohnmobile und Zelte, die die
umliegenden Wiesen und Felder belagerten. Und das schon 5 Tage vor den
Konzerten. 15.000 Fans je Show am Freitag und am Samstag unterstützten
die Onkelz aus vollem Halse. 2,5 Stunden Onkelzpower, angeheitzt durch
Sub 7even, Pro Pain und Biohazard. Eine fette Party in nettem Ambiente,
wobei sich auch Vorbands, Support und Onkelz näher kamen. Pro Pain
spielten hier zum ersten Mal ihre Version vom Onkelzhit „Terpentin“ was
Stephan dazu veranlasste, spontan mit einem Micro auf die Bühne zu
springen und beim Singen auszuhelfen. Gefeiert wurde bis in die frühen
Morgenstunden und die Loreley konnte als gelungenes Trainingskonzert für
den anstehenden Rolling Stones Support verbucht werden. „Ihr seid besser
als die Rolling Stones“, gesungen von den 15.000 anwesenden Onkelzfans
ließ auf alle Fälle einiges für den 08.08.2003 erwarten.
Im Frühsommer 2003 gab es eine Anfrage von der „Deutschen
Entertainment AG“ an das B.O. Management....
... ob man sich vorstellen könne, dass die Böhsen Onkelz die Rolling
Stones während ihres letzten Gigs auf ihrer Deutschland Tournee in
Hannover am 08. August supporten würden. Auch wenn diese Anfrage
ziemlich überraschend kam, brauchten die Onkelz nicht lange über ihre
Antwort nachzudenken. Wenn die Rahmenbedingungen stimmten, würde man
sicherlich die Stones supporten. Stephan sagte einmal mitte der
neunziger, dass „Metallica“ die einzige Band der Welt sei, die er mit
den Onkelz noch supporten würde. Damals hatte allerdings niemand daran
gedacht, dass es jemals eine Anfrage der Rolling Stones geben könnte.
In den darauf folgenden Interviews, sagte Stephan, dass er zwar nie ein
großer Rolling Stones Fan gewesen sei, aber dass auch er schon zu
„Angie“ in seiner Jugend Blues getanzt habe und dass er die Rolling
Stones für die letzte große noch lebende Rock Band halte und man hier
bei den Onkelz natürlich großen Respekt vor der Lebensleistung der
Stones habe. Auch würde es sicherlich keinen Musiker geben, der sich
eine solche Gelegenheit entgehen lassen würde und infolgedessen würde
man die Stones auf alle Fälle in Hannover supporten.
Allen Beteiligten im Onkelz Lager war jedoch sofort klar, dass es ein
gefundenes Fressen für die Medien sein würde, sobald die Neuigkeit
veröffentlicht werden würde. Auf Seiten der „Deutschen Entertainment AG“
und des Stones Managements wurde das „Onkelzproblem“ zunächst
unterschätzt. So war es für die Onkelz auch nicht verwunderlich, als
erst die englische, dann die amerikanische und kurz darauf auch die
deutsche Presse loslegte. „German Nazi-Punkband to open for the Rolling
Stones“ schrieb die New York Post am 2. Juni. Der Daily Mirror, CNN, die
bbc und andere äußerten sich in ähnlicher Weise. So veröffentlichte zum
Beispiel der „Jewish Telegraph“ in grotesker Übertreibung und totaler
Fehleinschätzung der Fakten am 20. Juni einen Leserbrief: „... Evil
Uncles have a following of an estimated 12 million in the nine-year-old
upwards age group.“
Ein großer Aufschrei des Entsetzens und der Empörung ging von England
aus über den Atlantik nach New York, danach zurück nach London und
schließlich nach Deutschland und dort von den einschlägigen
Presseagenturen bis in die Redaktionsräume auch der letzten,
unwichtigsten und kleinsten deutschen Tageszeitungen. Kein Blatt, das
sich nicht an der Skandalstory beteiligen wollte.
Man muß wissen, dass die Rolling Stones in einer Position sind, in der
sie ganz sicher nicht ihre Vorbands selber buchen, oder sich um die
Auswahl dieser Bands kümmern. So war in diesem Falle die Deutsche
Entertainment AG, als deutscher Veranstalter und Promoter der Stones
Tournee dafür verantwortlich, als er auf die Böhsen Onkelz zuging. Die
Stones pflegen die Tradition auf einem ihrer letzten Gigs in einem Land,
einen lokalen, größeren Act zu buchen. Auch Peter Maffay oder die Toten
Hosen haben schon in der Vergangenheit die Stones supportet. Der laute
Medienaufschrei, als man die Onkelz verpflichtete, rief also auch
schnell das Rolling Stones Management auf den Plan, das sich in der
Historie der Onkelz bis dahin noch nicht auskannte. Schnell versuchten
nun die Medien, sowohl in England, als auch in Deutschland, Druck auf
die Stones auszuüben, indem sie bereits die Entscheidung der Stones in
ihren Schlagzeilen vorwegnahmen: „Jagger not amused“ oder „Stones machen
Böhse Onkelz salonfähig“ oder „Konzert ohne Böhse Onkelz“ oder „Rolling
Stones wollen Onkelz aus dem Programm kicken“ und all das, bevor sich
das Rolling Stones Management überhaupt geäußert hatte. Dort ging man
mit dem ganzen Thema extrem entspannt um und Telefonkonferenzen zwischen
den Managements beider Bands, der gemeinsamen Plattenfirma Virgin
Records und dem deutschen Promoterbüro der „Deutschen Entertainment AG“
bestätigten, dass man an den Onkelz, nach eingängier Überprüfung der
Fakten, festhalten würde. Auf einer Pressekonferenz anlässlich des
Tourneestartes der Rolling Stones in München, sagte Mick Jagger
schließlich vor rund 200 internationalen Journalisten, dass sie sich mit
dem Thema befasst hätten und zu der Übereinkunft gekommen seien, dass
die Böhsen Onkelz eine gute Band seien und man weiterhin zu ihnen als
Support Act in Hannover stehen würde. Damit war das Thema für beide
Bands zunächst einmal erledigt.
Der NDR und auch T-Mobile, als Sponsoren der Veranstaltung in Hannover,
kündigten ihre Verträge aus Angst vor einem Imageschaden und die Büros
der „Deutschen Entertainment AG“ wurde mit Beschwerdemails von empörten
Stonesfans bombadiert. Es fanden sich andere Sponsoren und die
Stonesfans beruhigten sich ebenfalls schnell. Alles in allem wurde –
wieder einmal – ein großer Wirbel um nichts, ein grenzenlos
übertriebener Hype für eine Veranstaltung kreiert, die absolut friedlich
verlief. Nichts von dem, was man im Vorfeld befürchtete trat ein. Es gab
schlicht und einfach keine Gewalt und auch keine Probleme,
Ausschreitungen etc. Eine große Party bei 36°C und unter blauem Himmel.
Goodbye Virgin - Hello SPV
Die Buschtrommeln waren schon seit dem Spätsommer zu hören und die
Spatzen pfiffen es von den Dächern. „Die Onkelz werden Virgin Records
verlassen“. 8 Jahre lang dauerte die Freundschaft zwischen Virgin
Records und den Onkelz. Insbesondere Virgin Chef Udo Lange, der damals
1995 den mutigen Schritt unternahm, die Onkelz unter Vertrag zu nehmen,
hatte sich in den letzten 8 Jahren bei jeder Gelegenheit für die Onkelz
stark gemacht. Oft musste er sich in den ersten Jahren für seine
Entscheidung rechtfertigen und hatte somit viel Aufklärungsarbeit in
Sachen Onkelz zu leisten. Das erfolgreiche Kapitel Onkelz-Virgin ging
allerdings dem Ende entgegen, als der Virginvertrieb im Jahre 2002
endgültig von der E.M.I.-Gruppe eingestellt wurde. Auch die Tatsache,
dass Udo Lange zum Deutschlandchef der E.M.I. ernannt wurde, konnte
nicht recht über die Anonymität hinwegtäuschen, die plötzlich das
Verhältnis zwischen Künstler und Plattenfirma trübte. Wie es bei den
Onkelz aber in der Vergangenheit schon viele male der Fall war, kam auch
diesmal der richtige Geschäftspartner zur richtigen Zeit daher. Die
hannoveranische Independentfirma SPV bemühte sich um die Onkelz und
sollte ab dem 1.11.2003 den Vertrieb der Onkelzscheiben üebernehmen.
Dass Udo Lange seinen Job als Chef der E.M.I. ebenfalls zu diesem Datum
kündigte, machte den Onkelz die Entscheidung nur noch leichter. Bei SPV
einem gut organisierten und durchstrukturierten Vertrieb auf
europäischer Ebene, einem an keinen Industriekonzern gebundenen,
unabhängigen Label, unterzeichneten die Onkelz zunächst für eine
Veröffentlichung. Es ist aber zu vermuten, dass sich das Verhältnis
zwischen den Onkelz und SPV gut entwickeln und sich die Band bei diesem
Indi-Label wohl fühlen wird. |