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1996 - Onkelz vs. Rock o Rama
Den einzelenen Interviews, in denen die Band unzensiert zu Wort kommt, stehen hunderte von Artikeln gegenüber, die sich des wieder entdeckten Instrumentariums der Greuelpropaganda bedienen. Die gegen null tendierende Sachkenntnis der Journalisten, wird durch das Abbrennen rethorischer Feuerwerke kaschiert und Recherchefaulheit wird durch bloße Behauptungen und haarsträubende Erfindungen ausgeglichen. 1996 ist die Diskussion um die Böhsen Onkelz soweit fortgeschritten, dass nur noch wenige Journalisten den Durchblick haben. Der Rest schreibt von einander ab und legt nur Wert darauf, sich nicht festzulegen zu müssen. Noch immer werden Namen, Zahlen, Daten und Fakten vertauscht, ohne, daß es jemanden stören würde. Die Prozesse gegen bestimmte Redaktionen häufen sich. Gleichzeitig laufen Gerichtsverfahren gegen Herbert Egoldt und Ingo Nowotny. Die Band will Egoldt endgültig die Kontrolle über die ersten drei Alben ("Der nette Mann", "Böse Menschen, böse Lieder" und "Mexico") entziehen, um sie vom Markt nehmen zu können. Egoldt wertet das Songmaterial seit 1984 aus, ohne jemals Lizenzen gezahlt zu haben. "Der nette Mann" das Debütalbum der Onkelz ist inzwischen, aufgrund des Verbotes der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften im Jahre 1986 zum absoluten "Kultalbum" geworden und selbst für Jugendliche unter 18 Jahren kinderleicht zu besorgen.

Fotosession Frankfurt 1996

v.l.n.r. Kevin, Pe, Stephan, Gonzo

Die am meisten gebootlegte Band Deutschlands
Desweiteren werden nun die Onkelzsongs gebootlegt. Illegale Live-Mitschnitte werden angefertigt, als Raubkopien über dunkle Kanäle vertrieben und auf Floh- und Straßenmärkten in der ganzen Republik verkauft. Die Anwälte haben alle Hände voll zu tun, die Bootlegger dingfest zu machen und den Markt auszutrocknen. Aber der Reiz des Verbotenen, des Anrüchigen, scheint dafür zu sorgen, dass es immer mehr Raubkopien gibt. Von 1996 an explodiert der Markt mit illegalen Onkelztonträgern und bis zum Jahre 2002 sind es über 700 verschiedene CD's in immer anderen Zusammenstellungen. Da es auch Bootlegs aus der rechten Szene gibt, ist es nicht verwunderlich, dass die zwei Titel "Türken raus" und "Deutschland den Deutschen" vom `83er Demo Tape, nun digital remastered auf diversen Bootlegs wieder auftauchen. Das wiederum sorgt bei der Bundesprüfstelle und beim Verfassungsschutz für totale Verwirrung. Hier weiß niemand so genau, was offiziell ist und was nicht, und plötzlich spricht man im Zusammenhang mit den Onkelz von mehr als 7 indizierten Tonträgern. Viel Arbeit für die Anwälte und viel Arbeit für die Presseabteilung des B.O. Managements hier den Überblick zu bewahren und Aufklärung zu leisten.


E.I.N.S - das zwölfte Studioalbum
Im Sommer/Herbst des Jahres 1996, kurz vor einer ausgedehnten Deutschland Tour, veröffentlichen die Böhsen Onkelz bei Virgin Records ihr mittlerweile zwölftes Studioalbum, das den Titel E.I.N.S. trägt. Obwohl der Titel einfach nur den Zusammenhalt der Musiker darstellen soll, was auch durch das Covermotiv unterstrichen wird, schließt die Presse daraus wieder etwas vollkommen anderes. Die Punkte zwischen den Buchstaben, so meinen manche Journalisten, zeige, dass es sich um eine Abkürzung handelt und schon findet jemand heraus, es hieße doch bestimmt: "Eigentlich immer noch Skins". Die Band kann über solche Entgleisungen und Klimmzüge inzwischen nur noch lachen und konzentriert sich auf die Tour im Herbst. E.I.N.S. verkauft sich über 400.000 mal in kürzester Zeit und steigt auf Platz 3 in den Longplay Charts der Media Control ein.

 

Weitere Distanzierungen
Auch 1996 äußert sich die Band in einigen Medien zu ihrer Vergangenheit, und zu ihrem Ausstieg aus der Skinheadszene, der mittlerweile 10 Jahre zurück liegt.
Frage: "Ihre Vergangenheit wollen sie gar nicht verschweigen. Sie wollen sie aber auch nicht ständig vorgehalten bekommen."
Stephan: "Ich frage mich manchmal, wie viel Scheiß diese Leute selbst mal in ihrer Jugend gebaut haben. Sie haben nur keine Lieder geschrieben, die auf Tonträgern festgehalten wurden. Wir versuchen ja, offen damit umzugehen, indem wir sagen: "Klar, so und so sah das aus, wir stehen dazu. Wir stehen aber auch zu der Veränderung, die wir seither durchgemacht haben. Ich muss doch auch einem Typ, der im Knast war, die Möglichkeit geben, sich zu resozialisieren. Das kann ja ein guter Mensch sein, der in einem Anfall geistiger Umnachtung sonst was gemacht hat. Damit will ich nicht alles entschuldigen - so ist das nicht. Ich habe aber auch aus den Fehlern, die wir damals gemacht haben, eine Menge gelernt. Gerade von linker Seite wird immer so getan, als hätten sie die Moral für sich gepachtet, als wären sie auf der richtigen Seite - und vom rein theoretischen Aspekt her will ich denen ja gar nicht Unrecht geben, denn mir ist Faschismus absolut zuwider, und ihn zu bekämpfen ist eine absolut wichtige Sachen. Dann aber mit faschistischen Mitteln zu kämpfen, das lehne ich ab." aus "Feedback" Nr. 30. Ausgabe, Oktober/November 1996

 

Frage: "Habt ihr euch ganz von der rechten Szene distanziert?"
Stephan: "Wir waren noch nie in der rechten Szene. Es heißt immer, wenn du Skinhead bist, bist du gleich der rechten Szene zugehörig. Natürlich ist es aufgrund dessen, was in all den letzten Jahren vorgefallen ist, sehr leicht möglich, das zu denken. Von daher nehme ich es den Leuten nicht übel, wenn sie mit diesem Argument kommen. Aber nur aufgrund dessen, dass wir mal ein paar Äußerungen gemacht haben und einer gewissen Szene zugehörig waren - ich rede jetzt von der Skinheadszene - die damals nicht gleich rechts bedeutete, werden wir als "rechts" abgestempelt. aus "Deister- und Weserzeitung", 26.10.1996

"7000 Fans beim Konzert der "BÖHSEN ONKELZ" - so richtig böse war aber keiner. Einzige Ausnahme, der rechte Salon-Löwe Torsten Lemmer. Der ehemalige Geschäftsführer der FWG Düsseldorf hatte vollmundig das Erscheinen des gesamten "Gau Rheinland" angekündigt. Er selber musste allerdings draußen bleiben. Thomas Heß, Tour-Manager der "ONKELZ" hatte den Steckbrief des Düsseldorfers an den Sicherheitsdienst verteilen lassen: "Dieser Mann bleibt draußen. Solche rechten Spinner brauchen wir nicht." aus "Express" Düsseldorf, 22.11.1996

Vielleicht sollte gerade hier an dieser Stelle erwähnt werden, dass der Düsseldorfer Express gerne, viel, und häufig über Thorsten Lemmer berichtete, ganz so, als wäre es wirklich eine Meldung wert, was dieser Lemmer gerade wieder anstellte. Der Düsseldorfer Express verpasste auch keine Gelegenheit diesen Düsseldorfer Freizeit-Demagogen ständig mit den Onkelz in einem Atemzug zu nennen. Tatsache war aber, dass Thorsten Lemmer und seine ganze rechte Entourage die Band nicht interessierte.