|
|
|
1980
- 2005 |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
1991 - "Warum ändert Ihr nicht
einfach Euren Namen?"
Die 91er Veröffentlichung, die erste LP bei Bellaphon, die den
Titel "Wir ham' noch lange nicht genug" trägt, steht ganz unter
dem Zeichen der Verarbeitung persönlicher Erlebnisse. Nicht nur
wird dieses siebte Studioalbum dem ermordeten Freund "Trimmi"
gewidmet, sondern man schreibt auch ein Lied für ihn "Nur die
besten sterben jung", ein Lied für seinen Mörder "Ganz egal",
ein Lied gegen die einflußnehmende und uninformierte Presse
"Zeig mir den Weg" und ein Lied über die Sinnlosigkeit
versoffener Tage "Wieder mal 'nen Tag verschenkt". Das Album
verkauft über 100.000 Einheiten in wenigen Monaten. Während die
Presse allmählich auf das Phänomen der "Onkelz" aufmerksam wird
und ihre Popularität einzig und allein auf ihren "Kultstatus" in
der Skinheadszene zurückzuführen versucht, werden gleichzeitig
die Forderungen nach einer Namensänderung laut. Bisher hat die
Band keinen Videoclip für einen Musiksender gedreht und findet
im Radio nicht statt. |
Fotosession Düsseldorf
|
v.l.n.r. Pe, Kevin, Gonzo, Stephan |
Die
Musikindustrie ruft öffentlich zum Boykott der Band auf und beginnt,
massiv auf den Handel einzuwirken. Ziel ist es, die Band entweder
mundtot zu machen oder aber unter einem anderen Namen mit möglicherweise
englischen Texten neu zu erfinden. Angebote, die das bestätigen gibt es
in größerer Anzahl. Die Band lehnt weiterhin jede Diskussion darüber ab
und antwortet stattdessen mit ihren Songs. Es muß möglich sein, in
Deutschland, so die Band, seine Meinung zu ändern, Fehler einzugestehen
und geistig zu reifen. Bewusstwerdung soll zugestanden werden. Stephan
und die Band sind fest dazu entschlossen, den Namen "Böhse Onkelz" zu
einem Symbol des Umdenkens zu machen und sich dem Druck nicht zu beugen.
Böhse Onkelz live in Wien
Ein Gig in Wien zum Jahresende '91 bringt 5000 Konzertbesucher in den
Messepalast. Dieses Konzert wird von mehreren mobilen Kameras
mitgeschnitten, um später ein VHS Verkaufsvideo von dem gefilmten
Material erstellen zu können. Erstmals geht Stephan in Wien bereits vor
dem Konzert auf die Bühne und macht eine Ansage an die Fans...
Zusätzlich nimmt die Band einige Interviews auf, die der Metal Hammer
Redakteur Rainer Funk mit der Band führt und die später in das Live
Video integriert werden.
Die
Band entschließt sich, von nun an rigoros gegen Störer aus dem Publikum
vorzugehen. Aufgrund der vielen Kameras in Wien gibt es von einem dieser
Zwischenfälle Filmmaterial, das wir hier abgelegt haben. Auslöser des
Zwischenfalls war ein Skingirl, das Stephans iranische Freundin vor der
Bühne angepöbelt hat.
Zunehmende rechte Gewalt in Deutschland
Gegen Ende des Jahres '91 beginnt auch die Tagespresse verschärft damit,
die Böhsen Onkelz in ihren Artikeln über rechte Gewalt zu erwähnen. Die
Berichterstattung über die Band ist defizitär, lückenhaft und
ungenügend. Daten, Fakten, Namen, Zahlen, alles wird bunt durcheinander
geworfen und schlecht bis gar nicht recherchiert an die Leser
verfüttert. In Radio, Fernsehen und Tagespresse wird die Band als
schlimme "Nazi-Skin-Kombo" dargestellt und es wird in den Medien zu
öffentlichen Boykotten aufgerufen. Kein Radioairplay, keine Videoclips,
keine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Thema "Böhse Onkelz".
Eine objektive Berichterstattung findet nur vereinzelt in wenigen Rock
Zeitschriften statt. Hier einig Zitate aus dieser Zeit:
Stephan: "Wir haben uns letztendlich nie als rechte Band gesehen,
oder uns als Angehörige der rechten Szene gefühlt."
aus "Animalize" Nr.10, Oktober 1991
Frage: "Warum, glaubst du, fühlen sich so viele Rechtsradikale
von euren Texten angesprochen?"
Stephan: "Es wird immer Leute geben, die zu primitiv sind, um das
Ätzende, die Ironie in unseren Texten richtig zu verstehen."
aus "Wild Axes" Nr.4, Heavy-Metal-Magazin,
Österreich, Oktober/November 1991
Frage: "Kommt bei euch jetzt das schlechte Gewissen raus?"
Stephan: "Als es hier in Deutschland mit den Skinheads anfing, gab's
keine rechte Szene in der Bewegung; es war eine Skinbewegung, die sich
mehr zur Arbeiterklasse hingezogen fühlte, also mehr zur Mittelschicht,
"working-class-kids" sozusagen. Wir haben größtenteils auch schwarze
Musik gehört, Soul und Ska. Die Politik kam eigentlich viel später in
die Bewegung, und zwar zu einem Zeitpunkt, wo wir schon dabei waren -
auch aus diesen Gründen - uns von dieser Bewegung zu distanzieren."
aus "RockHard" Nr.55, November 1991 |