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1980
- 2005 |
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1983 - Oi ist noch nicht hart genug
1983
beginnen die Böhsen Onkelz von der Oi- Bewegung in die
Skinheadszene zu rutschen. Sowohl Stephan, als auch Gonzo haben
sich bereits den Schädel rasiert und Stephan schreibt die ersten
Lieder, die sich explizit mit dem Thema "Skinhead" befassen. Der
Ska- Einfluss ist zwar noch zu spüren, und auch der Bezug zur
Arbeiterklasse, aber diese Einstellung wird aufgrund der
politischen Einmischung in die Szene schnell verwässert.
Matrosen und Gelegenheitsjobs
Kevin beginnt 1983 seine Lehre als
Schiffsmechaniker in Hamburg, ist bald als Matrose in Richtung
Sibirien unterwegs und steht der Band nur sporadisch zur
Verfügung. Gleichzeitig beginnt er, bedingt durch seine frühen
Kindesjahre in Hamburg und durch seine Wochenendaufenthalte bei
seiner Großmutter in der Hansestadt, in die radikale Hamburger
Glatzen-Szene einzutauchen. Der Schritt von dort in die
HSV-Fußball-Fan-Bewegung ist nicht weit. Stephan hält sich als
inzwischen verheirateter Mann mit Gelgenheitsjobs über Wasser,
während Gonzo seinen Wehrdienst bei der Marine in
Norddeutschland absolviert und Pe als Schweißer arbeitet. |
Frankfurt 1983
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v.l.n.r. Pe, Kevin, Gonzo, Stephan |
Das ominöse Demotape
Ebenfalls 1983 nehmen die Böhsen Onkelz ihr erstes offizielles Demotape
auf, das später nur als das ominöse "Demo" traurige Bekanntheit
erreichen soll. Auf diesem Demo befinden sich eine radikalere Version
des alten Punkstückes "Türken raus" und eine veränderte Version des
Oi-Stückes "Oi, Oi, Oi". Ab diesem Zeitpunkt muß man den Böhsen Onkelz
eine Ausländerfeindlichkeit attestieren, die sich in großer Brutalität
und Gewalt äußert und in radikalem Auftreten während ihrer seltenen und
sporadischen Gigs. Hatte es 1981 nur 7 dilletantische Auftritte vor
einem meist jugendlichen und vollalkoholisierten Punk-Publikum gegeben
und hatte es 1982 nur 4 Auftritte vor einem ebenfalls jugendlichen und
ebenfalls vollalkoholisierten Publikum gegeben, das man der
Oi-Punk-Bewegung hätte zurechnen können, so waren es aufgrund der
häufigen Abwesenheit von Kevin und Gonzo 1983 gerade mal 2 Shows, die
man als erste Skinheadkonzerte werten muß. Im Sommer 1983 spielen die
Onkelz einen Gig in einem berliner Bunker, der auch als Proberaum der
rechten berliner Skinheadband "Kraft durch Froide" genutzt wird. Die
Onkelz haben sich mit ihrem "Demo" bereits einen Namen in der Szene
gemacht und sind nun ein fester Bestandteil der nach rechts treibenden
deutschen.
Skinhead Bewegung.
Die beiden Skandal-Songs:
"Türken raus" und "Deutschland den Deutschen"
Während dieses Gigs in Berlin '83 spielen sie zum letzen Mal den Song
"Türken raus" und zum einzigen Mal den Song "Oi, Oi, Oi" der nun in
"Deutschland den Deutschen" umbenannt wird und auch in dieser Version
auf dem "Demo" zu hören ist. Die Zeile "Oi, Oi, Oi" wird in die Zeile
"Deutschland den Deutschen" (eine Wahlkampfparole der NPD von 1980)
abgeändert. Dort, wo es in der Oi-Version noch "Punks und Skins im
Zusammenhalt gegen Euch und Eure Staatsgewalt" hieß, singt man nun
"Skinheads im Zusammenhalt gegen Euch und Eure Kanakenwelt" und "bis
jetzt haben immer die Bullen gesiegt" heißt in der neuen abgeänderten
Version "bis jetzt haben immer die Kanaken gesiegt". Bei diesem Gig sind
ca. 80-100 Leute anwesend. Die noch kleine Skinheadszene feiert die
Onkelz als ihre Helden und die rechten Parteien sehen ihre Chance zur
gezielten Einmischung.
Kevin als Übersymbol der Skinheadszene
Gerade Kevin tritt in dieser Zeit äußerst gewalttätig
auf und versucht seine eigene Unsicherheit hinter gnadenloser Gewalt und
bedingungsloser Provokation zu verstecken. Er treibt den Alkoholkonsum
auf die Spitze und Schlägereien finden täglich statt. Oftmals lässt er
sich von seinen Hamburger Freunden mitreißen und schnell wird aus der
anfänglichen nicht zielgerichteten Gewalt ein glühender Hass gegen alles
Fremde.
Man
muss hier darauf hinweisen, dass Kevin zu diesem Zeitpunkt ein sehr
leicht zu beeinflussender Mensch ist, dem es wesentlich an
Selbstvertrauen und Einsicht mangelt und der der Meinung ist, dass
andere Menschen an seinem zerstörten Familienhaus und an seinen
persönlichen Problemen Schuld sind. Seinen Äußerungen und seinem Handeln
mangelt es ebenfalls an jeglichem intellektuellem oder ideologischem
Hintergrund und so reichen sie für eine Zuordnung in ein politisches
Lager nicht aus. Ausländerfeindlich, brutal und gewalttätig ist er
jedoch allemal, was ihm oft einen Streit mit den anderen Bandmitgliedern
einbringt, die der Meinung sind, dass das Skinheadsein sich nicht auf
Gewalt und Härte beschränken sollte. Seine Zerstörungswut drückt sich
zunächst in seinen Schlägereien und seinen Tattoos aus, die er sich
selber sticht und später auch in seinem Alkohol- und Drogenkonsum der
bald in Autoagression und Sucht umschlägt.
Kevin im Fernsehen
Ende 1983 zeichnet das ZDF eine Folge der Serie
"Kinder Kinder"auf. Der Beitrag mit dem Titel "Von allen guten
Vorbildern verlassen" schildert die täglichen Probleme einer
alleinerziehenden Mutter von drei Söhnen in Frankfurt. Zwei ihrer Söhne,
Ben (16) und Jockel (13) sind Skinheads. Gezeigt wird eine Skinheadparty
in Bens Keller zu deren Gästen auch Kevin Russell gehört.
Am 26.01.1984 strahlt das ZDF den Beitrag aus der
Reihe "Kinder Kinder" aus. Dieses Filmdokument mit einem Statement von
Kevin ist das älteste, noch erhaltene Filmmaterial, auf das wir hier im
Onkelz Archiv zurückgreifen können. |